Das ökumenische Gemeindezentrum

Grundsteinlegung: 27.08.1989
Richtfest: 30.10.1989
Einweihung: 02.12.1990

„Das Gebet des Herrn“ vereint als einziges Band die vielen bunt zusammengewürfelten Menschen im Wohngebiet „Diezenhalde“

ein für alle gemeinsamer Vater,
die Kinder dieses Vaters sind Geschwister.

Aus diesem Gedanken entwickelte sich das 1. Gemeinde Programm 1986; er stand Pate bei der Namensgebung für die am 1. November 1986 als jüngste der vier katholischen Böblinger Gemeinden gegründete Vater-unser - Gemeinde auf der Diezenhalde.

Ökumenische Offenheit und Freundschaft waren in diesem Böblinger Stadtteil so etwas wie „ein Anliegen der 1. Stunde“. So war es nur logisch und konsequent, ein Zentrum zu bauen, in dem beide christlichen Gemeinden, die evangelische Christuskirchengemeinde und die katholische Vater-unser Gemeinde, ihre Heimat finden und gemeinsam leben und feiern können.

Am 2. Dezember 1990 wurde das „Ökumenische Gemeindezentrum Diezenhalde“ eingeweiht.

„Auf dass sie alle eins seien“

Ökumenische Offenheit und Freundschaft waren in dem Böblinger Stadtteil Diezenhalde so etwas wie „ein Anliegen der 1. Stunde“. So war es nur logisch und konsequent, ein Zentrum zu bauen, in dem beide christlichen Gemeinden, die evangelische Christuskirchengemeinde und die katholische Vater-unser-Gemeinde, ihre Heimat finden und gemeinsam leben und feiern können. Am 2. Dezember 1990 wurde das „Ökumenische Gemeindezentrum Diezenhalde“ eingeweiht. Als geistiges Fundament und Ziel wurden die Worte „Auf dass sie alle eins seien“ aus dem Johannes-Evangelium (Joh. 17,21) gewählt und in den Grundstein im Eingangsbereich eingemeißelt. Der Eingangsbereich wird ganz bewusst bestimmt zum Ort der Begegnung beider Gemeinden.

 

Die Architektur

Der Böblinger Architekt Claus Weisbach wählte für das Gemeindezentrum, um dessen Außenbereich er ein hohes weißes Steinband legte, die quadratische Grundform. Der in diese Grundform integrierte Rundbau, der „große Sakralraum“, dient vornehmlich der katholischen Kirchengemeinde als „Vater-unser-Kirche“, während die evangelische Kirchengemeinde vor allem die „Christuskirche“, den „Kleinen Sakralraum“, der die rechteckige Grundform aufnimmt, nutzt. Durch die gemeinsame Entscheidung beider Gemeinden für dieselben Künstler wird der ökumenische Charakter des Zentrums betont. Symbolträchtig wird dies vor allem in der Gestaltung der Altäre in den beiden Gottesdiensträumen.

Die Vater-unser-Kirche: Der Altar

Durch die gemeinsame Entscheidung für dieselben Künstler wird der ökumenische Charakter des Zentrums betont. Symbolträchtig wird dies vor allem in der Altargestaltung. Die gemeinsam bewohnte und zu gestaltende Welt steht zur Hälfte in der evangelischen Christuskirche und in der katholischen Vater-unser-Kirche, jeweils als Halbkugel von dem Bildhauer Joachim Maria Hoppe (München) gestaltet.

Der Künstler schnitt eine große Steinkugel aus Waldsteingranit in der Mitte durch und verwendete die untere Kugelhälfte, auf einen Metallfuß gestellt, als Abendmahlstisch in der evangelischen Christuskirche. Die obere Hälfte der Kugel steht in der katholischen Kirche auf dem Boden, von einem Holztisch "überdacht", dem Altar. In diese obere Kugelhälfte legte der Bischof bei der Einweihung Reliquien des Hl. Coelestin, der bis dahin als erster und einziger Papst 1294 sein Amt aufgab (unter dem Einfluss von Karl von Anjou gegen seinen Willen gewählt, politisch von Karl abhängig und gegen die Korruption der Kurie ohnmächtig, dankte Coelestin V. aus Gewissensnot ab. Damit er nicht als Gegenpapst aufgestellt würde, hielt sein Nachfolger Bonifaz VIII. ihn bis zum Tod in Haft). Dieses sogenannte "Reliquiengrab" soll Zeichen sein für die unsere Lebensgrenzen übersteigende Gemeinschaft der Heiligen.

Über die ökumenische Idee hinaus, dass die beiden Kugelhälften miteinander ein Ganzes bilden, erinnert diese Altartischgestaltung an wichtige, zentrale biblische Aussagen. Nach der Verkündigung des Bundes am Sinai, den das Volk mit den Worten "Alles, was der Herr sagt, wollen wir tun und hören!" (Ex. 2417) besiegelt, steigt Mose mit den Ältesten auf den Berg: "Danach stiegen Mose, Aaron, Nadab, Abihu und die siebzig von den Ältesten Israels hinauf, und sie sahen den Gott Israels. Die Fläche unter seinen Füßen war wie mit Saphir ausgelegt und glänzte hell wie der Himmel selbst. Gott streckte nicht seine Hand aus gegen die Edlen Israels; sie durften ihn sehen, und sie aßen und tranken." (Ex. 24,9-11) Das Mahl ist das Zeichen des Bundesschlusses zwischen Gott und seinem Volk. Auf dem Berg (dargestellt in der Kugelhälfte am Boden) steht nicht der Opferaltar, auf dem den Göttern (des Alten Orients) blutige Opfer dargebracht wurden, sondern der Tisch, um den sich das Volk versammelt wie eine Familie um den Esstisch. In der Feier des Mahles darf das Volk seinen "Gott sehen". Dieser Gott streckt die Hände nicht gegen die Menschen aus, er vernichtet sie nicht mit seiner Gegenwart, sondern er will in ihrer Mitte da sein. Bei diesem gemeinsamen Mahl entdecken die Israeliten, dass einer Gastgeber ist, dass einer wie ein Vater in ihrer Mitte da ist (=Jahwe d.h. "ich bin da"), ein Gott, der die Menschen zu Schwestern und Brüder macht, bei dem jeder kommen darf, egal ob mit Schuld oder ohne. Die Vater-unser Gemeinde versammelt sich "am Berg" zum Mahl mit diesem Gott; deshalb stehen die Stühle rund um den Altar wie um einen Tisch: man sieht einander, man ist eine große Familie. Der Abstand wird überwunden zugunsten einer geschwisterlichen Gemeinschaft (vgl. auch das Abendmahl mit Brot und Wein/Saft, bei dem die Gemeinde um den Altar steht.).

Die Vater-unser-Kirche: Die Fenster

Der Kunstmaler und Glasgestalter Diether F. Domes erhielt den Auftrag, das "Vater-Unser" zu gestalten mit der Auflage, Gott nicht als Dreieck mit einem Auge in der Mitte darzustellen. Zu sehr ist mit dieser Darstellung die Vorstellung von einem strengen, strafenden Gott verbunden: "Gott ist ein Gott, der alles sieht, der die Menschen überall hin verfolgt, der Angst erzeugt zu Lasten von Vertrauen."

Herr Domes nahm die Bedeutung des Berges, auf dem die Gemeinde sich zum Mahl mit ihrem Gott versammelt (vgl. "Altar"), auf. Aus einer gewissen Entfernung ist ein Berg zu erkennen, auf dem ein weißes Tischtuch liegt. Zahlreiche Stellen im 1. Testament erzählen von Heiligtümern auf Bergen, an Bäumen, an Quellen. Stets ragen sie aus der Gleichförmigkeit der Wüstenlandschaft heraus und dienten den Nomaden des alten Israel als Orientierungspunkte. An diesen Orten begegnete man sich, hier hielt man inne, hier fand man Geborgenheit und hier konnte man sich den weiteren Weg weisen lassen. An diesen Orten waren alle gleich, alle hielten einen gewissen Abstand, damit jeder sich heran traut. An diesen heiligen Orten galten für alle gültige Gesetze: hier gibt es keinen Streit, keinen Mord, hier herrscht Frieden und Brüderlichkeit. An diesen Orten darf nichts zerstört, nichts vernichtet werden (z.B. der Baum darf nicht gefällt werden), da mit der Zerstörung auch der Orientierungspunkt für alle vernichtet wäre. Diese heiligen Orte, Gottesorte, wurden nicht nur geographisch Orientierungspunkte, sondern gaben den Menschen auch Orientierung für ihr Leben. Sie standen Pate für die Schlagworte der Franz. Revolution "liberté, égalité, fraternité" oder "Einigkeit und Recht und Freiheit".

 

Die Vater-unser-Kirche: Der Baum

Einen solchen Baum als Orientierungspunkt stellte der Künstler vor dem "Berg der Mahlversammlung" dar. Der Baum reckt seine Äste nach oben wie erhobene Arme. Israel zog aus der Wüste ins Kulturland; aus den umherziehenden Nomaden wurde ein sesshaftes Kulturvolk, das Ackerland bearbeitet. Am unteren Bildrand sind rund um den Baum Ackerfurchen gezogen. Aus dem einsamen Baum als Orientierungspunkt für Reisende in der Wüste entwickelte sich das Nationalsymbol Israels: der siebenarmige Leuchter. (Ex. 25,31 ff schildert den Leuchter mit mandelblütenförmigen Kelchen, Knospen und Blüten: der siebenarmige Leuchter als stilisierter Baum. Manche Leuchter sind auch heute wieder dem Baum nachempfunden oder haben Blätter). Ex. 27,20: " Du aber befiehl den Israeliten, dass sie dir reines Öl ausgestoßenen Oliven für den Leuchter liefern, damit immer Licht brennt (im Offenbarungszelt). Aaron und seine Söhne sollen es zurichten; es soll vom Abend bis zum Morgen vor dem Herrn brennen als eine ständig eingehaltene Verpflichtung bei den Israeliten von Gene ration zu Generation." Die immer brennenden Lampen zeigten in dem Heiligtum die ständige Gegenwart Jahwes an. 1.Sam. 2,18: "der junge Samuel versah den Dienst vor dem Angesicht des Herrn" und l.Sam.3,3: " die Lampe Gottes war noch nicht erloschen und Samuel schlief im Tempel des Herrn, wo die Lade Gottes stand"; Samuel hatte also die Aufgabe, die Öllämpchen jede Nacht im hl. Zelt zu richten. Das Öl vom Olivenbaum ist ein Produkt des Kulturlandes: Gott ist als Licht in den Öllämpchen bei dem sesshaft gewordenen Volk Israel. Geh. Offenbarung 1,9ff: Sendschreiben an die 7 Gemeinden. Sie sind dargestellt in 7 goldenen Leuchtern. Warnend schreibt der Seher von Patmos, bzw. lässt Christus sagen: " Ich kenne deine Werke, aber ... Kehre zurück zu deinen ersten Werken! Wenn du nicht um-kehrst, werde ich kommen und deinen Leuchter Von seiner Stelle wegrücken" d.h. dann existierst du, Gemeinde, nicht mehr. Der Künstler Diether F. Domes machte aus den kleinen Öllämpchen, die im hl. Zelt brannten, 7 große Fackeln, die aus dem Baum des siebenarmigen Leuchters empor lodern. Jede Fackel symbolisiert eine Gemeinde, eine Leuchte vor Gottes Angesicht. Und jede Gemeinde sollte darauf achten, dass dieser Leuchter nicht von der Stelle gerückt wird, sondern dass die Fackeln strahlend brennen, also dass die Gemeinde lebendig ist. 

Über dem Leuchter und seinen brennenden Fackeln ist die göttliche Kraft, das Wirken von Gottes Geist in der Welt dargestellt. In dem großen Fensterbild ist die Entwicklung des Vol-kes Gottes in 5 Jahrtausenden künstlerisch dargestellt: Nomaden in der Wüste sesshaftes Volk im Kulturland Israel (siebenarmiger Leuchter) christliche Gemeinden (Geh. Offenbarung) schließlich in allem und über allem das Wirken von Gottes Geist. Die drei Glasfenster neben dem großen Fensterbild stellen die ersten 3 Bitten des "Vater-Unsers" dar:

Vater unser, der du bist im Himmel

1. Geheiligt werde dein Name

2. Dein Reich komme

3. Dein Wille geschehe

Der Künstler bringt in diesen Fenstern mit vielen Ecken und Kanten zum Ausdruck, wie schwer es den Menschen fällt, Gottes Willen zu akzeptieren. Das Fenster oben soll auf die Kreise hinweisen, die die Botschaft von Jesus zieht.

Die Vater-unser-Kirche: Die Tabernakelsäule

Der Künstler wollte eine Rauchsäule darstellen, in der die Opfergaben von Brot und Wein beräuchert werden; Weihrauch sollte in dieser Säule aufsteigen. Doch diese Idee war nicht zu realisieren. Die Rauchsäule wurde umgedeutet in die Wolkensäule, in der Gott beim Auszug aus Ägypten den Israeliten leuchtete und den Durchzug durch das Meer ermöglichte (Ex. 14,15ff: "Der Engel Gottes, der den Zug der Israeliten anführte, erhob sich und ging an das Ende des Zuges, und die Wolkensäule vor ihnen erhob sich und trat an das Ende. Sie kam zwischen das Lager der Ägypter und das Lager der Israeliten. Die Wolke war da und Finsternis, und Blitze erhellten die Nacht.“). Die Israeliten machten die Erfahrung: unser Gott ist mit uns, er ist Jahwe = ich bin für euch da und mit euch. Heute befindet sich in der "Wolkensäule" der Tabernakel. In ihm ist im Zeichen des Brotes Christus "für uns da"

Die Vater-unser-Kirche: Das Kreuz

Das Kreuz auf der Altarinsel wurde nach einem Entwurf von Inge Herter gearbeitet.

Die Hausordnungstafel

Zu Beginn, als die Gemeinde noch in der Baracke Gast war bei der evangelischen Gemeinde auf der Diezenhalde, wurde versucht, basierend auf der Bedeutung des Berges, des Baumes in der Wüste als Orientierungspunkte für die Nomaden, den Urahnen unseres Glaubens, eine Hausordnung Gottes zu erstellen.

1. Keiner ist Herr über den anderen; es gibt nur den einen Tischherrn

2. Jeder ist Gast, zuerst beim Tischherrn ("am Tisch in der Wüste"), dann aber auch Gast bei den anderen.

4. Jeder wird angenommen, wie er ist, zuerst vom Herrn, dann auch von den anderen

5. Keiner muss fehlerlos sein, weder in den Augen des Herrn, noch in denen der anderen

Die Vater-unser-Kirche: Das Marienbild

Das Marienbild an der Rückwand des Großen Sakralraumes ist ein Werk der Böblinger Künstlerin Barbara Terboven.

Die Christuskirche - Sakralraum der evangelischen Schwestergemeinde

Durch die gemeinsame Entscheidung beider Gemeinden für dieselben Künstler wird der ökumenische Charakter des Zentrums betont. Symbolträchtig wird dies vor allem in der Gestaltung der Altäre in den beiden Gottesdiensträumen. Der Münchner Bildhauer Joachim Maria Hoppe schnitt eine große Steinkugel aus Waldsteingranit in der Mitte durch und verwendete die untere Kugelhälfte, auf einen Metallfuß gestellt, als Altar in der Christuskirche – eine Halbkugel, die Hälfte eines Ganzen. Eine auf den ersten Blick unscheinbare Linie, gebildet durch eine Reihe schmaler dunkler Steinfliesen, führt, gedanklich verlängert, zur zweiten Hälfte der Steinkugel, die, von einem Holztisch „überdacht“, den Altar in der Vater-unser-Kirche bildet. Die Form der Kugel versinnbildlicht Vollkommenheit und Einheit, die Teilung der Kugel in zwei Hälften symbolisiert die Teilung der Christenheit in die Konfessionen. Beide Altäre zusammen sind Auftrag an beide Gemeinden, an der Überwindung der Teilung in zwei Konfessionen zu arbeiten, im Miteinander die Ökumene zu einer „runden Sache“ werden zu lassen. Der Altar, Mittelpunkt und Zentrum der Kirche, ist der Ort, an dem Gott den Menschen in besonderer Weise nahe kommt, an dem sich der christliche Glaube konzentriert, wo die Nähe Gottes, Gottes Zuspruch und Stärkung für die Menschen besonders deutlich werden.

Eine zentrale Position auf dem Altar nimmt die Osterkerze ein. Sie symbolisiert die unmittelbare Gegenwart Jesu, der spricht: „Ich bin das Licht der Welt. Wer mir nachfolgt, wird nicht in der Finsternis umhergehen, sondern wird das Licht des Lebens haben“ (Johannes, 8,12). Zugleich erinnert sie an das Versprechen, das Jesus seinen Jüngern ge-geben hat: „Wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind, da bin ich mitten unter ihnen“ (Matthäus 18,20). Gott spricht zu den Menschen durch die Heilige Schrift, versinnbildlicht durch die Große Bibel auf dem Altar. Von hier geht Gottes Wort aus. Gott kommt den Menschen besonders nahe im Abendmahl, Der Altar ist der Tisch Gottes, an den Gott zum gemeinsamen Mahl einlädt. Die Form der Halbkugel findet ihre Fortsetzung in den beiden Halbkreisen des Kunstwerkes hinter dem Altar, die Zulassungsarbeit einer Kunststudentin. Wieder sind zwei Hälften, die zusammengehören, voneinander getrennt. Doch ein buntes Geflecht von Bändern deutet die Form eines geschlossenen Kreises, eines verbundenen Ganzen an. Vielfältig sind die Deutungen dieses Kunstwerkes. Zum einen nimmt das Kunstwerk die Aussage des Altars wieder auf. Der eine Halbkreis könnte als Symbol auf die evangelische Kirche, der andere auf die katholische Kirche hinweisen, zwei Hälften, die voneinander getrennt sind und doch verbunden sind. Die bunten Bänder sind Ausdruck der vielfältig gelebten Ökumene vor Ort. Weiter weist das Kunstwerk auf die Verbundenheit Gottes mit den Menschen hin. Der volle Halbkreis ist Symbol für Gott, der unvollständige und dadurch kleinere für die Menschen. Gott und Mensch gehören unver-brüchlich zueinander. Die bunten Bänder künden von den vielen Verbindungslinien zwischen Gott und Mensch, z.B. von den Gebeten, von den Gottesdiensten, von der Feier des Abendmahles. Die beiden Halbkreise sind nicht übereinander, sondern nebeneinander gestaltet: Gott hat sich mit den Menschen auf Augenhöhe gestellt durch die Menschwerdung seines Sohnes. Auch eine soziale Deutungsmöglichkeit des Kunstwerkes geht von dem vollständigen Halbkreis aus, dem nichts fehlt, und dem unvollständigen rechten, der eine Ergänzung benötigt, um zusammen mit dem linken Halbkreis einen vollkommenen Kreis schließen zu können. Diese Deutungsmöglichkeit nimmt das Ungleichgewicht in der Welt zwischen Arm und Reich auf, sei es in unserem eigenen Land, sei es zwischen den armen Ländern der Dritten Welt und den reichen Industriestaaten. Bunt und vielfältig wie die Bänder aber sind die Verbindungsmöglichkeiten zwischen den Menschen aller sozialen Schichten.

Das Kreuz in der Christuskirche

Das Kreuz, das Symbol der Christenheit schlecht hin, fehlt in keiner Kirche, so auch nicht in der Christuskirche, obwohl man hier das Kreuz nicht auf den ersten Blick entdeckt; denn das Kreuz befindet sich hier nicht wie gewohnt über dem Altar, sondern über den Köpfen der Gottesdienstgemeinde im Dach des Kirchenraums – ein Kreuz mit tiefer Symbolkraft. Anders als bei den meisten Kreuzen bleibt der Blick nicht hängen bei dem, was auf dem Kreuz zu sehen ist – zumeist der leidende und sterbende Jesus. Das Kreuz der Christuskirche besteht nicht aus einem undurchsichtigen Material, an dem der Blick endet, sondern aus Glas, das das Kirchendach durchbricht. Der Blick geht durch das Kreuz hindurch auf das, was sich hinter diesem Kreuz befindet, Sonne, Wolken, Himmel: Zeichen des Lebens. Das Kreuz in der Christuskirche will den Blick durch Vergänglichkeit und Tod hindurch auf das neue Leben hinwenden, das sich dank Jesu Auferstehung dahinter eröffnet: „Ich lebe, und ihr werdet auch leben“ (Johannes 14,19). Darüber hinaus kommt dem Kreuz noch eine weitere Bedeutung zu. Die Gottesdienstgemeinde versammelt sich im wahrsten Sinn des Wortes „unter dem Kreuz“. Im Johannesevangelium erfahren Maria und Johannes „unter dem Kreuz“, dass die Liebe Jesu zu den Menschen am Kreuz nicht endet, sondern sich fortsetzt, wo Menschen einander annehmen, einander wahrnehmen. Unter dem Kreuz wird die Gottesdienstgemeinde daran erinnert, dass Menschen als Christen füreinander Sorge tragen und Freude und Leid miteinander teilen sollen. Unter dem Kreuz wird den Menschen der Weg zum Leben gewiesen, das Kreuz ist das Fenster zum Leben.

Die Fenster in der Christuskirche

Die Glasfenster nehmen auf keine konkrete Bibelstelle Bezug. Der Kunstmaler und Glaser Dieter Domes arbeitet mit der liturgischen Bedeutung der Farben. Die Fenster sollen mit ihren Farben, Linien, Kontrasten dem Betrachter Hilfe sein zur Konzentration; sie sollen nicht ablenken, sondern dem Betrachter die Möglichkeit geben, den eigenen Empfindungen und Gefühlen nachzuspüren. Im Hauptfenster, dem Tauffenster über dem Taufbecken, taucht ein sehr bewegter Sonnenkreis ein in Wasser. In diesem gelben, in Bewegung aufgebrochenen Kreis sieht der Künstler das Aufleuchten göttlicher Gnade. Das Kreuz als Achse weist auf Christus hin. Seine Zuwendung bringt Öffnungen und auch Brüche zutage. Darin leuchten rote Strahlen auf, für den Künstler ein Zeichen, dass der Geist Gottes gerade dort besonders wirkt, wo Brüche sind. In Form einer Taube, die auf das Wasser herabkommt, ist der Geist Gottes angedeutet. Die vier Fenster neben dem Tauffenster lassen das Licht Gottes weiter strahlen in verschiedene Lebensbereiche, die sich durch unterschiedliche Farben von einander abheben oder miteinander verschmelzen. In der Farbe Gelb leuchtet die göttliche Gnade auf; rot weist auf das Wirken von Gottes Geist hin (Rot ist die liturgische Farbe an Pfingsten); grün verkün-det Wachstum und Hoffnung; blau erinnert an das Lebenselement Wasser. Zwischen Grautönen leuchtet rot auf: Gottes Geist fördert helles, buntes Leben. Helle, „weiße“ Glas-Streifen symbolisieren Licht, die Nähe Gottes, auch dort, wo rot und gelb (Gottes Geist und Gnade) trotz aller Dynamik nicht hinkommen. Auffallend sind die vielen Brechungen, Farbabstufungen, harte Kontraste, nicht zu Ende geführte, von anderen Linien durchkreuzte Linien und geknickte Streifen. Hier dürfte der Künstler die menschliche Realität mit ihren Brüchen, Hoffnungen und Enttäuschungen wiedergegeben haben. Doch die Strahl- und Leuchtkraft der Farben verrät Hoffnung und lässt die Herrlichkeit des göttlichen Lichtes durchscheinen.

Beiträge für die Beschreibung des "Ökumenischen Gemeindezentrums Diezenhalde"

Texte: Waltraud Brandauer, Christa Stoll, Pfarrer i.R. Ulrich Glatzle, Pfarrer Moritz Twele
Bilder: Gundolf Brandauer, Pfarrer Moritz Twele, Jacky Thomann-Plischke, Bernhard Holzinger